Inzwischen ist es keine Seltenheit mehr, dass unter den Erstsemestern auch zahlreiche Studienanfänger ohne Abitur sind. Im Gegenteil, jedes Jahr schreiben sich mehr Leute ohne Abi ein, wie man an dieser Statistik des Centrums für Hochschulentwicklung sieht:
Diese Entwicklung ist erfreulich, allerdings liegt der Anteil der Studierenden ohne Abi insgesamt bei nur 2,8%. ABER: Dies gilt nicht für Abend- und Fernstudiengänge. An der Fernuni Hagen studieren beispielsweise im Wintersemester 2015/2016 rund 11% beruflich Qualifizierte. Der Anteil unter den Ersteinschreibern liegt sogar bei 37%. An der SRH FernHochschule liegt der Anteil der Studierenden ohne Abi bei 9%.
Melanie studiert ohne Abi im Abendstudium. Von ihren Erfahrungen berichtet sie hier.
zum Erfahrungsbericht
Die Zugangsvoraussetzungen zum Studium ohne Abitur sind nicht einheitlich geregelt. Nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz sollen die Berufsabschlüsse Meister oder Fachwirt ausreichen, um ein Studium ohne Abi aufzunehmen. Allerdings sind die Voraussetzungen oft unterschiedlich – was nicht zwingend ein Nachteil für Studieninteressenten ohne Abitur ist.
Kurzübersicht:
Im Detail:
Wie genau die Voraussetzungen aussehen, ist Sache der Bundesländer. In der obigen Grafik sehen Sie die Bedingungen, die am häufigsten gelten. Damit Sie sich einen detaillierten Überblick verschaffen können, haben wir mehrere Beispiele aufgeführt:
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Nordrhein-Westfalen, Berlin
Hochschulzugang mit hochqualifizierendem Fortbildungsabschluss:
Berechtigung: | Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung (man darf also jeden Studiengang aufnehmen, auch einen, der mit der vorherigen Ausbildung thematisch nichts zu tun hat) |
Einschränkungen: | Nein |
Hochschulzugang für sonstige beruflich Qualifizierte
Berechtigung: | Fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung (Studiengang sollte thematisch zu vorheriger Ausbildung/ Berufszeit passen, ansonsten Eignungsprüfung – siehe unten) |
Voraussetzungen: | Fachlich entsprechende Berufsausbildung (2 oder 3 Jahre) |
Eignungsprüfung erforderlich: | Nur bei Wahl eines nicht verwandten Studienfaches |
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Bayern
Hochschulzugang mit hochqualifizierendem Fortbildungsabschluss:
Berechtigung: | Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung |
Einschränkungen: | Beratungsgespräch erforderlich. Alle Fort- und Weiterbildungsabschlüsse, die außerhalb von Bayern erworben wurden, müssen von der Hochschule zunächst als gleichwertig anerkannt werden |
Hochschulzugang für sonstige beruflich Qualifizierte
Berechtigung: | Fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung (Studiengang sollte thematisch zu vorheriger Ausbildung/ Berufszeit passen, ansonsten Eignungsprüfung – siehe unten) |
Voraussetzungen: | Fachlich entsprechende Berufsausbildung (2 oder 3 Jahre) + Beratungsgespräch an der Hochschule |
Eignungsprüfung erforderlich: | Ja |
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Hamburg
Hochschulzugang mit hochqualifizierendem Fortbildungsabschluss:
Berechtigung: | Allgemeine Hochschulzugangsberechtigung (man darf also jeden Studiengang aufnehmen, auch einen, der mit der vorherigen Ausbildung thematisch nichts zu tun hat) |
Einschränkungen: | Beratungsgespräch an der Hochschule erforderlich. |
Hochschulzugang für sonstige beruflich Qualifizierte
Berechtigung: | Fachgebundene Hochschulzugangsberechtigung (Studiengang sollte thematisch zu vorheriger Ausbildung/ Berufszeit passen, ansonsten Eignungsprüfung – siehe unten) |
Voraussetzungen: | Fachlich entsprechende Ausbildung oder 3 Jahre Berufserfahrung |
Eignungsprüfung erforderlich: | Ja |
Den kompletten Überblick finden Sie unter http://www.studieren-ohne-abitur.de/web/laender/
Hochqualifizierende Fortbildungsabschlüsse bauen meist auf einer abgeschlossenen Berufsausbildung auf und qualifizieren für die Wahrnehmung einer Aufgabe mit einem größeren Verantwortungsbereich bzw. mit einer höheren Vergütung. Zur Aufstiegsfortbildung gehören zum Beispiel die Abschlüsse „Meister“ (Handwerk oder Industrie), „Fachwirt“, „Bilanzbuchhalter“, „Staatlich geprüfter Techniker“, „Staatlich geprüfter Betriebswirt“ oder „Fachkaufmann“.
Wichtig zu wissen: Wenn Sie sich z.B. an der FOM Hochschule für ein Abendstudium in München einschreiben möchten, gelten dennoch die Regeln des Bundeslands Nordrhein-Westfalen. Die FOM hat nämlich dort ihren Hauptsitz und ist vom Bildungsministerium in NRW anerkannt.
Gleiches gilt für zahlreiche andere Anbieter, die deutschlandweit Studienzentren betreiben, wie z.B. die SRH Fernhochschule (Baden-Württemberg), die WINGS (Mecklenburg-Vorpommern), die Euro-FH (Hamburg) oder die IUBH (NRW).
Vorkurse in Anspruch nehmen
Aus ihren Erfahrungen berichten Hochschulen, dass Studenten ohne Abitur vor allem in mathematischen Fächern einen niedrigeren Wissensstand haben, als andere Studierende. Dies ist aber kein Beinbruch und auch kein Indiz für ein schlechteres Abschneiden im Studium. Nahezu alle Hochschulen bieten Vorkurse, so genannte Brückenkurse, an, in denen die Grundlagen der mathematischen Fächer aufgefrischt werden. Es lohnt sich durchaus diese Kurse, sofern sie angeboten werden, in Anspruch zu nehmen.
Lernen will gelernt sein
Wer schon längere Zeit im Beruf ist und sich kaum noch an seine Schulzeit erinnern kann, muss sich auch erst wieder ans Lernen gewöhnen. Wichtig ist, sich nicht zu überfordern und nicht zu viel zu erwarten. Das Lernen im Studium erfordert ein wenig Übung, wird dann aber schnell zur Routine. Studenten berichten, dass sie nach dem Studium viel überlegter an ihre täglichen Aufgaben gehen und Sachverhalte stärker reflektieren, anstatt sich unüberlegt in die Arbeit zu stürzen, wie es vor dem Studium oft der Fall war. Das Fernstudium bringt einem also nicht nur einen fachlichen Vorsprung, sondern schult auch die Fähigkeit, sich mit bestimmten Sachverhalten auseinanderzusetzen und Problemlösungen gezielt zu erarbeiten.
Fernstudium bietet Flexibilität, die zum Nichtstun verführt
Die hohe Flexibilität im Fernstudium ist Fluch und Segen zugleich. Wer sich entschließt, ein Fernstudium ohne Abitur zu beginnen, sollte sich bewusst sein, dass er oder sie im Verlauf des Studiums sein eigener Chef ist. Das Studium findet größtenteils zuhause statt und das Lernen muss eigenständig organisiert werden. Das verführt zum Aufschieben, doch schnell häuft sich ein Berg Lernmaterial an, der kaum zu bezwingen ist.
Es ist ratsam, sich bewusst zu sein, dass das Fernstudium mit Arbeit, Selbstdisziplin und gutem Zeitmanagement verbunden ist.
Eigentlich überall, solange Sie die oben genannten Voraussetzungen mitbringen. Für die Recherche nach passenden Studiengängen und Hochschulen eignet sich beispielsweise unsere Hochschulübersicht hervorragend. Dort können Sie nach zahlreichen Kriterien suchen und auch direkt Infomaterial anfordern.
Übrigens: Sie können Ihr Abitur auch mit einem Fernstudium nachholen. Vielleicht ist das eine Möglichkeit, die Sie bisher noch nicht in Betracht gezogen haben? Lesen Sie mehr dazu in unserem Artikel.
Abitur Fernstudium